Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer

Betreff: Windparke Altendiez, Görgeshausen, Elz (Hessen) und Ahlbach/Staffel (Stadt Limburg/Hessen)

Sehr geehrte Frau Dreyer,

gerne möchte ich Ihnen noch zur Wahl zur Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz gratulieren. Im Namen der Bürgerschaft Hambach wünscht Ihnen der Gemeinderat viel Erfolg und vor allem auch ein „glückliches Händchen“ beim wahrhaft nicht einfachen Regieren unseres Landes.

Als Ortsbürgermeister der Gemeinde Hambach, ein Fast-500-Seelendorf in der Nähe der Stadt Diez, unmittelbar an der hessischen Landesgrenze gelegen, bitte ich Sie um Einleitung geeigneter Maßnahmen gegen eine fast geschlossene Umzingelung mit über 200 Meter hohen Windenergierädern um unsere Gemeinde herum.

 

Derzeit existieren bereits sechs Windenergieanlagen mit 200 Metern Höhe unmittelbar an der Gemarkungsgrenze zu unserer Gemeinde (Windpark Elz/Hessen). Zwei dieser Anlagen wurden in einem Abstand von 860 m bzw. 960 m gebaut, wobei der Zeitpunkt der Genehmigung durch den Regierungspräsidenten Gießen in einem Zeitraum gewählt wurde, als der Teilregionalplan Energie Mittelhessen,  der u.a. Ausschlusskriterien zur Erstellung von Windenergieanlagen beinhaltet, von einem hessischen Verwaltungsgericht außer Kraft gesetzt wurde, bis der VGH Kassel ein abschließendes Urteil fällen würde. Das Land Hessen verteidigte in diesem Streitfall einen Mindestabstand der Windenergieanlagen zu Siedlungsflächen von mindestens 1000 Metern. Zwischenzeitlich hat der VGH Kassel dem Land das Recht auf diesen Abstand zugesprochen, was das Land Hessen aber nicht davon abhielt im Falle der rheinland-pfälzischen Gemeinden Hambach und Görgeshausen den hier geltenden Mindestabstand von 800 Metern zugrunde zu legen.

Eine von mir eingeleitete juristische Prüfung des Sachverhalts führte zu dem Ergebnis, dass eine Klage gegen dieses Vorgehen aussichtslos ist. Nunmehr plant die Stadt Limburg in unmittelbarer Nähe eine weitere Windkraftanlage, die allerdings in den von Hessen ausgewiesenen Vorrangflächen des Teilregionalplans Energie Mittelhessen nicht erfasst ist. Eine Einwendung zur Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Limburg habe ich auf dem Weg gegeben.

Diese Anlagen stehen im Norden und Nordosten von Hambach, die neue WEA im Osten.
Nach Süden und Südwesten ist nunmehr der Windpark Altendiez(VG Diez)  in der Planung. Hier sind insgesamt 8 Windenergieanlagen vorgesehen, wovon zwei in einer Entfernung von ca. 1100 Metern von der Siedlungsgrenze Hambachs errichtet werden sollen. Der Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung mit Mehrheitsbeschluss (7 Ja-, 2 Nein-Stimmen) die Bitte des Windparkbetreibers um Baulasteintrag abgelehnt. Eine Anlage hätte einen gemeindeeigenen Waldweg in der Form tangiert, dass der Rotor die der Gemeinde gehörende Fläche überstrichen hätte. Zudem wären aufgrund des geplanten Standortes unmittelbar an unserem Waldweg eine entsprechende Nutzung desselben  sowie eine Baulasteintragung erforderlich gewesen.

Aufgrund der Altendiezer  Initiative will die Nachbargemeinde Görgeshausen (Westerwaldkreis) in Anlehnung an den Windpark Altendiez ebenfalls zwei Windräder gleicher Größenordnung aufstellen, die sich dann im Westen der Gemeinde Hambach ebenfalls in etwa 1000 Metern Entfernung befinden würden.

Feststellbar ist, dass aufgrund der geplanten Änderung des Zuweisungsverfahrens von Fördergeldern ab 1.1.2017 die geplanten Anlagen noch in diesem Jahr gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt werden sollen. Im Augenblick sind daher hektische Aktivitäten feststellbar.

Fakt ist: Wenn alle Windenergieanlagen genehmigt und gebaut werden, besitzt Hambach nur noch einen Horizont von ca. 90 Grad, der nicht mit dominanten Windenergieanlagen zugestellt ist. Elf Anlagen befinden sich in einer Distanz von 860 m bis ca. 1300 m.

Sie können sich vorstellen, dass dies in Hambach eine heftige Reaktion hervorgerufen hat. Wir haben Anfang Mai die Planung durch die Firmen Trianel/Aachen und iTerra energy/Gießen vorstellen lassen. Es kam zu starken emotionalen Ausbrüchen während der Veranstaltung. Im Nachherein wurde eine Befragungsaktion im Dorf gestartet, in der über 200 Einwohnerinnen und Einwohner keinen Windpark Altendiez wollten.

Auch haben wir erhebliche Zweifel an den Messungen, die von den Betreiberfirmen vorgelegt wurden. Angeblich gibt es eine Dauermessung für den Windpark Altendiez, der eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 6,3 m/Sek., bezogen auf die Rotoren, ermittelt hat. Die ESWE Wiesbaden ist aber vor kurzem als Investor beim Windpark Dessighofen über Nassau mit der Begründung ausgestiegen, dass dort lediglich Windgeschwindigkeiten von 5,7 m/Sek. Erreicht worden seien. Den gleichen Wert habe ich auch in den Planungsunterlagen der Windenergieanlage Limburg-Staffel gesehen. Rentieren tut sich ein Windpark erst ab einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,0 m/Sek. Auch die von der Trianel GmbH angegebenen 2600 Volllaststunden für Altendiez entsprechen nicht im Mindesten den Feststellungen des Fraunhofer Instituts in Kassel, die Onshore von etwa 1600 Volllaststunden ausgehen.

Verweisen möchte ich auch noch auf das unlängst ergangene Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, der einen Mindestabstand von der zehnfachen Höhe eines Windrades, so von der bayerischen Landesregierung vorgesehen, bestätigt hat. Für Hambach übertragen wären das Abstände von über 2000 Meter. Inwieweit hier das Bundesland Bayern einen eigenen Weg geht, oder aber doch Auswirkungen auf die Regelungen der anderen Bundesländer relevant werden, wird wohl der Prüfung der Begründung und ggfls. weiteren Klagen vorbehalten sein.

Es sollte auch Erwähnung finden, dass in Dänemark auf Grund bedenklicher Vorfälle aggressiven Verhaltens von Tieren in Nähe von WEA die Planungen etlicher Windparks auf Eis gelegt wurden, da man erst eine wissenschaftliche Untersuchungder Beeinflussung von Infraschallwellen, ausgelöst durch die Rotoren,  durchführen will, die man als Ursache vermutet. Das Ergebnis wird 2017 erwartet.

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, wir bitten Sie eindringlich Ihren ganzen Einfluss geltend zu machen, dass die Planungen dieser Umzingelung Hambachs unterbleiben. Die Gemeinde Hambach ist nicht grundsätzlich gegen die Nutzung alternativer Energien. Jedoch sollte hier nicht jede Gemeinde mit Investoren, die doch offensichtlich die Zuschüsse stark in ihre Gewinnmarge einrechnen, wild vor sich hin planen. Wie mir der Bürgermeisterkollege der Gemeinde Isselbach, ebenfalls Verbandsgemeinde Diez, mitgeteilt hat, gibt es dort eine Petition, unterschrieben von Vertretern der Gemeinden Holzappel, Langenscheid und Isselbach, die sich gegen eine Verspargelung der Umgebung aussprechen (in Planung ist die Errichtung von 30 (!) WEA durch die Gemeinden Eppenrod und Hirschberg). Das einzige, was die Gemeinden (und auch Hambach) an Aktiva zu bieten haben, ist eine schöne Natur mit viel Wald. Nicht umsonst gehören diese Landstriche zum Naturpark Nassau, der bei Realisierung der WEA seinen Namen jedenfalls nicht mehr verdient.

Für Hambach befürchten wir, dass Bürger den Ort verlassen werden.

Zum Schluss verweise ich noch auf unsere Website www.gemeinde-hambach.de. Hier haben wir alle Informationen und Schreiben an die Behörden, Medien etc. eingestellt. Dort finden Sie auch spezielle Quellenhinweise zur Untermauerung der in diesem Schreiben aufgezeigten Fakten.


Mit freundlichen Grüßen

Peter Sehr
Ortsbürgermeister